Gerhard Schröder im Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Auf meine Initiative hin wurde der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder am 1. Juli 2020 als Sachverständiger zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie eingeladen, dessen Vorsitzender ich bin. Das Thema der öffentlichen Anhörung war „Sicherung der Souveränität deutscher und europäischer energiepolitischer Entscheidungen – Nord Stream 2“.

Selbstverständlich war mir klar, dass das insbesondere bei einigen Mitgliedern meiner Partei auch auf Unverständnis stoßen würde. Die insgesamt große Zustimmung zeigt mir aber auch, dass viele den Sinn der Veranstaltung erkannt haben. Herzlichen Dank dafür!

Die USA planen Strafen für private Unternehmen und neuerdings sogar für Behörden europäischer Staaten, die auf irgendeine Art und Weise mit dem Bau und der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu tun haben. So ein Vorgehen ist völkerrechtswidrig. Nach überwiegender Meinung vieler politischer Akteure in Deutschland stellen solche Sanktionsdrohungen der USA die deutsche Souveränität und die anderer EU-Staaten und somit auch die Souveränität der EU in Frage. Im Übrigen wird die Tätigkeit deutscher und europäischer Abgeordneter überflüssig, wenn die Entscheidungen letztlich im US Senat oder der US Administration fallen.

Deshalb war es mir sehr wichtig – und dies war auch das Ziel der Einladung des ehemaligen Bundeskanzlers als Sachverständigen – dieses Thema möglichst breit in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, und damit die Debatte über Gegenmaßnahmen, etwa Strafzölle gegen Frackinggas aus den USA, anzuregen.

Die Einladung hat große mediale Aufmerksamkeit erhalten, ungewöhnlich viele Bürgerinnen und Bürger haben die Anhörung verfolgt. Das YouTube Video erhielt mit über 90.000 Betrachtungen bereits sehr viel Aufmerksamkeit im Verhältnis zu vergleichbaren öffentlichen Anhörungen.

Dieses Ziel wurde also erreicht und die Diskussion darüber, welche Reaktionen ergriffen werden müssen, findet nun öffentlich statt.

Mir war bewusst, dass die Einladung von Gerhard Schröder auf dem Ticket der Linken bei einigen auf Ablehnung stoßen würde. Gerhard Schröder hat mit der Politik der Agenda 2010 die sozialen Koordinaten dieser Republik verschoben und die SPD neoliberal geprägt. Die Nachwirkungen dieser Politik, vor allem im Niedriglohnsektor, sind bis heute spürbar. Zusammen mit anderen, vor allem auch aus dem Lager der Gewerkschaften, war ich maßgeblich am Widerstand gegen diese Politik beteiligt. Nicht nur ich, sondern auch einige meiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter wurden aus der SPD ausgeschlossen und wir haben die WASG gegründet, ohne die es die heutige LINKE nicht geben würde. An meiner Einschätzung der Politik Gerhard Schröders und seiner Politik hat sich nichts geändert. Sie war zutiefst unsozial!

Auch wenn ich die Kritik verstehe, brauche ich keine Belehrungen bzgl. der Rolle von Gerhard Schröder! Gerade aufgrund der Historie wusste ich auch, welche Aufmerksamkeit das Thema durch den Auftritt des Ex-Kanzlers im Ausschuss für Wirtschaft und Energie erfährt. Für realistische Vorschläge, wie wir das anders hätten erreichen können, bin ich dankbar!

Dass das für einige nicht so leicht verständlich ist, gebe ich gerne zu, richtig war es trotzdem.

Die Wirkung wäre noch größer gewesen, wenn in meiner Fraktion nicht das Bedürfnis nach medialer Aufmerksamkeit zu einer Pressearbeit geführt hätte, die in Stil, Inhalt und Methode mehr als fragwürdig war. Der Sache hat es aber nur unwesentlich geschadet.

Um es abschließend noch einmal zu sagen: An meiner Einstellung zur Politik der Agenda 2010 hat sich nichts geändert. Der Altkanzler wurde auch nicht zum Thema Sozialpolitik geladen. Den Angriff der USA auf die Souveränität Deutschlands und Europas, den die angekündigten Sanktionen zweifellos darstellen, müssen wir abwehren. Der Auftritt von Gerhard Schröder hat einen wichtigen Beitrag geleistet dem Anliegen politisches Gewicht zu verschaffen.

Mein Freund und Karikaturist Dieter Hanitzsch fertigte diese kleine Collage auf Grundlage eines Bildes aus der Ausschusssitzung mit Schröder an.