Aktuelle Stunde: Panama Papers belegen Politik des Wegschauens
Aktuelle Stunde: Panama Papers belegen Politik des Wegschauens

Aktuelle Stunde: Panama Papers belegen Politik des Wegschauens

Alle wollen geahnt oder sogar gewusst haben, dass viele Reiche und Superreiche ihr Geld vordem deutschen Fiskus verstecken. Herr Schäuble verweist darauf, was er schon alles getan habe. Wenn bei seiner Politik das herauskommt, was die Panama Papers jetzt belegen, dann kann man nur sagen: Schäuble hat auf der ganzen Linie versagt. Meine Fraktion fordert schon seit Jahren eine Bundesfinanzpolizei, die Einführung einer Quellensteuer und mehr Steuerbeamte. Die anderen Fraktionen haben unsere Anträge stets abgelehnt. Die Regierung ist mitverantwortlich für das, was einige in diesem Land zulasten der Allgemeinheit treiben.

Ach, Herr Schäuble! Es ist schon interessant, zu verfolgen, was die Presse von Ihren Vorschlägen hält. Da sagt zum Beispiel

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Neues Deutschland!)

der Vizechef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, der mit diesen Vorgängen betraut ist: „Das ist eine Nebelkerze.“ Es fehlten wichtige Vorschläge wie öffentliche Firmenregister und ein Unternehmensstrafrecht. Der Spiegel zerreißt in einem Artikel alle zehn Punkte, die Sie vorgelegt haben, weil diese weit hinter den Anforderungen zurückbleiben. Als ich Ihnen zugehört habe, hatte ich den Eindruck: Es ist alles in Ordnung, weil Sie schon so viel getan haben.

Wenn ich Herrn Kohl einmal zitieren darf. Er hat gesagt: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Wenn bei Ihrer Politik das herauskommt, was die Panama Papers jetzt belegen, dann kann man nur sagen: Sie haben auf der ganzen Linie versagt, Herr Schäuble,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

die Koalitionspartner übrigens mit, auch er hat Finanzminister in unserem Land gestellt.

Heute war der Wirtschaftsminister im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages, und er hat gesagt – eigentlich haben Sie das gerade noch einmal bestätigt -: Das macht sprachlos, aber irgendwie haben es alle geahnt. – Vorhin habe ich sogar gehört: Wir haben es alle gewusst, hat Herr Schäuble gesagt. – Wenn Sie alles gewusst haben: Warum bedarf es dann eines solchen Vorgangs wie den der Panama Papers – Sie haben zehn Punkte vorgelegt, die SPD zwanzig -, um aktiv zu werden?

Wissen Sie, was das Problem ist? Das Problem ist die Stimmung bei den Bürgern. Die Bürger haben nämlich den Eindruck: Das, was plötzlich offensichtlich ist, haben sie immer schon gewusst, haben es geahnt.

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Und bekämpft!)

Es ist doch so: Die Spitzenpolitiker, die Spitzenleute in der Wirtschaft, die Sportler, die Eliten der Wirtschaft verstecken ihr Geld vor der Steuer,

(Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Wer sagt das?)

aber jeder normale Steuerzahler in diesem Land kriegt sie vom Gehalt abgezogen. Wenn man dann einen erwischt – das ist die Haltung der Bürger -, dann gibt es die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige oder man kommt sehr schnell wieder aus dem Knast oder man wird überhaupt nicht verfolgt. In diesem Zusammenhang fällt mir der Zumwinkel ein. Damals wurde die Steuerschuld kurzfristig auf unter 1 Million Euro gedrückt, damit man ihn nicht verknacken muss. Das ist der Zustand in unserem Land, und das haben die Bürger satt. Aber sie trauen Ihnen nicht mehr. Sie wenden sich von der Politik ab, wenn Sie das nicht beenden. Dafür sind Sie in der Regierung mit Ihrem Nichtstun mit verantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Hinzu kommt das Versagen der Institutionen. Nehmen wir den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der in der Öffentlichkeit immer als Anwalt für Steuergerechtigkeit auftrat. Dann kommt heraus, dass er als Minister selber daran beteiligt war, es Firmen zu ermöglichen, ihre Steuern zu reduzieren. Wie soll da Vertrauen in Institutionen entstehen?

Kommen wir zu den Banken. 28 deutsche Banken sind an dem Steuerbetrug beteiligt, von den sieben größten Banken sind es sechs: Deutsche Bank, Dresdner Bank, UBS Deutschland usw. Selbst die BayernLB ist dabei. Der bayrische Finanzminister ist übrigens einer der Aufsichtspersonen. Hat Finanzminister Söder nicht geguckt? Das kann ich gar nicht glauben. Er stellt sich an, Ministerpräsident zu werden. Glauben Sie, dass das das Vertrauen der Bürger in unseren Staat stärkt? Ich kann nur sagen: Da haben wir alle miteinander ein Problem.

(Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Ist das Satire?)

Reden wir über die Banken. In einem gegenwärtig bestehenden Gesetz ist geregelt – der Wirtschaftsminister hat heute im Wirtschaftsausschuss darauf hingewiesen -, dass bandenmäßiger und organisierter Betrug mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden kann. Warum sitzt bei uns eigentlich noch kein Vorstandsmitglied einer Großbank ein?

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist geltendes Recht. Warum verknacken wir die nicht endlich!? Wenn wir sie verknacken würden, dann würden sie ihre Geschäfte vielleicht auch ordnungsgemäß und im Sinne der bundesrepublikanischen Gesetze durchführen. Aber das tun wir nicht,

(Beifall bei der LINKEN)

sondern wir schauen weg und sagen: Es ist doch alles in Ordnung.

Es gibt Vorschläge, die in Deutschland umzusetzen sind, Herr Schäuble, aber das machen Sie nicht; das schreibt ja auch die Presse. Ein Punkt wäre zum Beispiel die Quellensteuer. Das heißt schlichtweg, dass Gewinne dort zu besteuern sind, wo sie entstehen. Warum tun wir das nicht? Warum reden wir nur darüber? Warum reden Sie nur darüber? Übrigens: Die Gewinne, die dann nicht mehr versteuert werden müssen, weil die Firma, die die Gewinne macht, in irgendeinem Land sitzt, das Steuerschlupflöcher anbietet, werden hier angelegt und dann wieder steuerfrei transferiert. Wenn eine Quellensteuer vorhanden wäre, wäre das nicht möglich. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Wir haben eine Bundesfinanzpolizei gefordert. Die haben Sie immer abgelehnt. Meine Damen und Herren, wir haben seit 2010 drei Anträge gestellt, in denen Teile stehen, die Sie jetzt selbst als Forderung erheben. Sie haben im Deutschen Bundestag jede Forderung der Linken, die Finanzmärkte vernünftig zu kontrollieren, diese Offshorepolitik zu stoppen und zu verhindern, dass der ehrliche deutsche Steuerzahler betrogen wird und andere, die Reichen, ihr Geld verschieben, abgelehnt.

Deshalb kann ich sagen: Diese Regierung, auch Sie, Herr Schäuble, ist mitverantwortlich für das, was einige in diesem Land zulasten der Allgemeinheit treiben.

(Beifall bei der LINKEN)

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