Am 15. Juli 2020 kündigte US-Außenminister Mike Pompeo eine Erweiterung bestehender US-Sanktionen an, die in dem Gesetz „Den Gegnern der USA mit Sanktionen entgegentreten“ (CAATSA) von 2017 geregelt sind. Der Präsident ließ eine Handreichung umformulieren, die erläutert, wie und gegen wen das Gesetz anzuwenden ist. Nun erfasst CAATSA auch alle Aktivitäten zugunsten der Gaspipelineprojekte Nord Stream 2 und Turkstream. Den an den Projekten beteiligten Unternehmen empfahl Pompeo: „Gehen Sie jetzt raus oder riskieren Sie die Konsequenzen.“
Die Konsequenz, vor der sich Unternehmen am meisten fürchten, ist der Ausschluss vom internationalen Zahlungsverkehr, der auf dem US-Dollar beruht. Aufgrund der starken Stellung des US-Dollars als weltweiter Leitwährung haben die USA die Macht, sämtliche Unternehmen und Banken der Welt vom internationalen Zahlungsverkehr weitgehend abzuschneiden. Das kann sich kaum ein Unternehmen und keine Bank leisten. Auf dieser Grundlage können die USA Sanktionen verhängen, ohne dass die betroffenen Personen und Firmen eine direkte Verbindung zu den USA haben. Sanktionen, die außerhalb des Staates wirken, der sie verhängt, nennt man extraterritorial. Sie widersprechen dem Völkerrecht.
Neben CAATSA bedroht ein weiteres Gesetzesvorhaben das aus deutscher Sicht sinnvolle Projekt Nord Stream 2: das PEESA, das ironischerweise den Titel „Gesetz zum Schutz der europäischen Energiesicherheit“ trägt. Es trat Ende 2019 in Kraft und führte Sanktionen gegen Firmen ein, deren Schiffe die Röhren für Nord Stream 2 verlegen. Der Strafenkatalog für diese Vergehen umfasst neben den oben genannten Konsequenzen Einreiseverbote sowie das Einfrieren von Eigentum in den Vereinigten Staaten. Dabei handelt es sich nicht um ein eigenständiges Gesetz, sondern um einen Teil des Verteidigungshaushaltes. PEESA wurde im Juli 2020 erweitert und soll künftig für alle Personen und Firmen gelten, die auf irgendeine Weise Nord Stream 2 der Betriebsaufnahme näherbringen – und sei es nur als Versicherer oder als Behörde, die notwendige Betriebsgenehmigungen erteilt.
Inzwischen hat der US-Kongress das Gesetz nochmals überarbeitet. Nun sollen zumindest staatliche Stellen, Regierungen und Behörden von den Sanktionen ausgenommen werden. Außerdem soll sich der US-Außenminister mit seinen europäischen Amtskolleg/innen beraten, bevor Sanktionen verhängt werden. Für die Unternehmen besteht die Gefahr aber unvermindert fort.