Es wird immer von Wachstum geredet, aber die Frage, wem das Wachstum zu Gute kommt, wird von der Bundesregierung nicht gestellt. Fakt ist: die Reallöhne sind seit 2000 um 1,9 Prozent gesunken, während die Unternehmens- und Vermögenseinkommen um 31 Prozent gestiegen sind. Damit werden eben jene Menschen nicht an dem Wachstum beteiligt, die es zu einem Großteil erwirtschaften.
Im Volkswirtschaftsstudium habe ich gelernt: Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen. Dieser Pflicht kommen die Unternehmen nicht mehr nach. Ein Bericht der Europäischen Kommission zeigt: Die Unternehmen haben einen größeren Teil ihrer Gewinne einbehalten, um Schulden abzubauen und vor allem um finanzielle Vermögenswerte zu erwerben. Die nichtstaatlichen Bruttoinvestitionen haben von 2000 bis 2012 nur um 2,1 Prozent zugenommen, während die Unternehmenseinkommen um 31 Prozent gestiegen sind. Kurz gesagt: Unternehmen horten die Gewinne und gehen wieder in die Spekulation, anstatt das Geld realwirtschaftlich zu investieren.
Wir brauchen höhere Steuern, um in der Bundesrepublik notwendige Investitionen tätigen zu können, weil die Unternehmen selbst ihrer Pflicht nicht nachkommen, ihre Gewinne realwirtschaftlich zu reinvestieren. Die Bundesregierung macht einen Riesenfehler, wenn sie Unternehmen vor diesem Hintergrund nicht wenigstens steuerlich in die Pflicht nimmt. Da kann sie ihren ausgeglichenen Haushalt hundert Mal loben, wenn dieser gleichzeitig mit einem Griff in die Sozialkassen verbunden ist. Ich sage: Die Bundesregierung hat keinen Mut, das Geld da zu holen, wo es ist, und das bedauere ich sehr!