Rede: Impfstoffmangel beheben für eine rasche wirtschaftliche Erholung
Rede: Impfstoffmangel beheben für eine rasche wirtschaftliche Erholung

Rede: Impfstoffmangel beheben für eine rasche wirtschaftliche Erholung

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Linnemann, jetzt habe ich einmal eine Frage. Wollen auch Sie Wirtschaftsminister werden? Da haben wir nämlich schon einen bei euch, der das will.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE))

Ich hatte eher den Eindruck, da hat ein Herr Merz gesprochen. Ich wundere mich, warum alle den Job vom Altmaier wollen. Viele fühlen sich berufen, nur wenige sind geeignet, kann ich da nur sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Es reicht, wenn Sie ihn nicht wollen!)

Meine Damen und Herren, es ist eine dramatische Lage. Der Wirtschaftsbericht macht es nur zum Teil deutlich. Wir haben 3 Prozent Wachstum prognostiziert, Herr Altmaier. Ob das wirklich so kommt, hängt an der Pandemie, daran, ob wir sie in den Griff bekommen oder nicht; es sind tönerne Füße. Wir wissen, dass wir 3,6 Milliarden Euro täglich für den Lockdown brauchen.

Und jetzt kommt das eigentlich Dramatische: Frau Merkel spricht inzwischen von einer Naturkatastrophe, andere sprechen von Schock. Meine Damen und Herren, nur durch ein rasches Impfen von 70 Prozent der Bürger – nicht nur bei uns, sondern eigentlich der Welt – können wir diese Pandemie bekämpfen. Wir haben auch deshalb zu wenig Impfstoff, weil die unter normalen Bedingungen sinnvollen Regelungen zum Patentschutz ein Hochfahren der Produktion behindern.

Ich weiß nicht, ob Sie sich vorgestern das „Handelsblatt“ angeguckt haben. Laut „Handelsblatt“ beklagt die indische Regierung

„… weltweite Verzögerung in den Impfprogrammen wegen mangelnder Impfdosen, während gleichzeitig geeignete Produktionsanlagen in vielen Ländern nicht genutzt werden könnten – weil das geistige Eigentum an den Impfstoffen geschützt sei.“

Wir haben also Regelungen, die verhindern, dass wir aus dieser Pandemie herauskommen, Herr Altmaier und Frau Merkel. Und da muss man doch mal darüber nachdenken, ob wir nicht die Bremsen lösen wollen, damit wir dort vielleicht ein Stück weiterkommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin nicht der Erste, der vom Krieg gegen das Virus spricht. Ich bin auch nicht der Erste, der von Krisenproduktion spricht. Das war der FDP-Chef Lindner; er sagt ab und zu auch mal was Richtiges.

(Lachen bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, und da er ausnahmsweise mal recht hat: Wir sind nicht im Normalbetrieb, Frau Bundeskanzlerin, Herr Altmaier. Es muss alles unternommen werden, um möglichst rasch und so viel wie irgend möglich dieser Impfstoffe zu produzieren und zugänglich zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die sonst richtigen Regeln der freien Marktwirtschaft richten sich jetzt gegen die Interessen der Menschheit. Diese Krise ist persönlich und wirtschaftlich nur zu überwinden, wenn wir das ändern. Ich appelliere an Sie: Setzen Sie bitte diese Regelungen zum Patentschutz aus und greifen Sie in die Vergabe von Lizenzen ein! Wir haben genug Kapazitäten auf dieser Welt,

(Beifall bei der LINKEN)

dass wir möglichst rasch tatsächlich alle durchimpfen könnten. Da muss man aber sozusagen den Stecker reinstecken, sodass auch die Kapazitäten genutzt werden können.

Und eine letzte Bemerkung, Herr Altmaier, zu diesen 40 Prozent als Deckelung der Kosten für Sozialabgaben. Sie sagen, es sei ein Weg aus der Krise. Sie haben gestern im Ausschuss gesagt: Ja, wir machen das deshalb, damit wir so lange die Lohnkosten billig halten; dann gibt es nicht so viel Rationalisierung, weil die Unternehmen dann statt Maschinen lieber Arbeit nehmen. – Herr Altmaier, wissen Sie: Das Pferd wäre auch dann vom Traktor ersetzt worden, wenn es versprochen hätte, weniger zu fressen und zu saufen.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und genau das ist der Zusammenhang: Wir brauchen für mehr Beschäftigung andere Lösungen als die, die Sie vorschlagen.

Herzlichen Dank fürs Zuhören. (Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Sie hätten den Traktor verhindert aus ideologischen Gründen! Bei Ihnen würden wir immer noch reiten!)

Quelle: Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 19/206