Kleine Anfrage: „Die Mehrheit der Reinigungskräfte in  Deutschland arbeitet im Minijob“
Kleine Anfrage: „Die Mehrheit der Reinigungskräfte in Deutschland arbeitet im Minijob“

Kleine Anfrage: „Die Mehrheit der Reinigungskräfte in Deutschland arbeitet im Minijob“

Löhne raus! Stress runter!

Nach drei gescheiterten Runden werden am 13. Oktober die Tarifverhandlungen im Gebäudereiniger-Handwerk fortgesetzt. Der wachsende Wirtschaftszweig „ Reinigung von Gebäuden, Räumen und Inventar“ erwirtschaftet seinen Umsatz von knapp 15 Mrd. Euro mehrheitlich über Minijobs. Die Arbeit ist atypisch, weiblich und prekär – und außerordentlich schlecht bezahlt. Obwohl das Arbeitsvolumen von 2004 bis 2014 um 53 Prozent stieg, wuchs die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in dem Zehnjahreszeitraum lediglich um 23 Prozent. Vollzeitbeschäftigung wurde drastisch abgebaut. Nur rund 13 Prozent aller Beschäftigten in der Branche haben überhaupt eine Vollzeitstelle. Die Mehrheit arbeitet in Teilzeit, die zugenommen hat, oder in Minijobs. Der überwiegende Teil sind Frauen zwischen 45 und 55 Jahren. Über 80 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor, insbesondere im Osten Deutschlands. Knapp 1 Milliarde musste der Bund in 2013 an aufstockenden Sozialleistungen aufbringen, um die Existenz der Beschäftigten im Wirtschaftszweig zu sichern. Beschäftigte in der Gebäudereinigung klagen überdurchschnittlich oft über Stress und Arbeitsdruck.

Mein Kommentar: „Es ist unerträglich, dass eine wachsende Branche ein Jobgefüge etabliert hat, das auf prekärer Beschäftigung basiert und damit Milliardenumsätze einfährt. Turbo-Putzen bringt Turbo-Gewinne. Die Beschäftigten – überwiegend Frauen- werden mit Dumpinglöhnen abgespeist und die Mehrheit hat keine soziale Absicherung. Dies Ausbeutungsmodell wird dann auch noch vom Staat subventioniert durch aufstockende Sozialleistungen. Damit muss Schluss sein. Arbeit muss sozialversicherungspflichtig sein und gut bezahlt werden.“ 


Kleine Anfrage „Arbeitsbedingungen in der Gebäudereinigung“ BT-Drs. 18/6165 und Antwort der Bundesregierung


 

Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Im Juni 2014 waren 000 Personen in der allgemeinen Gebäudereinigung sozialversicherungspflichtig beschäftigt, was einer Zunahme von rund 24 Prozent entspricht ggü. Juni 2004 (329.000) (Frage 1). Neben den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten waren im Juni 2014 rund 448.000 geringfügig Beschäftigte in der Branche tätig. Im Jahr 2004 waren es rund 466.000 (Frage 1)

 

  • Von den 407.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der „Allgemeinen Gebäudereinigung“ waren im Juni 2014 nur rund ein Viertel (114.000 / 28%) sozialversicherungspflichtig in Vollzeit beschäftigt (Frage 1). Fast drei Viertel (293.000 / 72%) aller Beschäftigten in der Branche arbeiteten im Juni 2014 Teilzeit (Frage 1, Tabelle 1a und b).
    • Noch im Juni 2004 lag der Anteil der Vollzeitbeschäftigten an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der Gebäudereinigung bei knapp der Hälfte (154.000 / 47%), die der Teilzeitbeschäftigten bei 53% (176.000). (Frage 1, Tabelle 1a und 1b)
    • Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigungen an allen Beschäftigungen (geringfügige mit eingerechnet) lag 2014 bei gerade mal 13,3 Prozent.
    • Die durchschnittlich geleistete Wochenarbeitszeit lag 2014 bei 27,6 Stunden (2004: 26,8 Stunden) (Frage 7) In den Jahren 2004 bis 2014 schwankte sie zwischen 24,1 und 28 Wochenstunden.
    • Das Jahresarbeitsvolumen hat von 2004 bis 2014 um 53% zugenommen (Frage 8).

 

  • Im Juni 2014 waren 70% der geringfügig Beschäftigten und 82% der Teilzeitbeschäftigten weiblich. (Tabelle 1a und b)

 

  • Weibliche Beschäftigte im Alter von 45-55 Jahren stellen zahlenmäßig die größten Gruppe sowohl bei den geringfügig Beschäftigten (91.000, das entspricht einem Anteil von 20% an allen geringfügig Beschäftigten) als auch bei den Teilzeitbeschäftigten (90.000, das entspricht einem Anteil von 30% aller Teilzeitbeschäftigten). (Tabelle 1a und b)

 

  • Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst in der Branche, in die auch die Gebäudereinigung einzuordnen ist, lag 2014 bei 2440 Euro, was nur 70% des durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes aller vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (3 527 Euro, Quelle: Statistisches Bundesamt) entspricht. (Frage 12)

 

  • Der Anteil der Niedriglohnbeziehenden (in Betrieben mit zehn oder mehr Beschäftigten) in der Gebäudereinigung lag 2006 bei 79,8 Prozent und 2010 bei 81,5 Prozent. Besonders betroffen sind Frauen (87%), junge Beschäftigte im Alter von 15 – 25 (84%), sowie Beschäftigte aus den östlichen Bundesländern. (Frage 14)

 

  • Im Juni 2014 gab es in dem Bereich der „Reinigung von Gebäuden, Straßen und Verkehrsmitteln“ im Bundesgebiet 57.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte ALGII-Bezieherinnen und Bezieher, was einem Anteil von 15,5 Prozent an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Bereich entspricht. Bei den Minijobs bezogen fast ein Viertel (24,2 Prozent / 48.000) Leistungen nach dem SGB II. (Frage 15, Tabelle 15.1 und 15.2)

 

  • Im Jahr 2013 wurden rund 923 Millionen Euro für Aufstockungsleistungen nur im Bereich der Reinigungsdienste aufgewendet. Davon waren 431 Millionen Euro Leistungen für Aufstockerinnen und Aufstocker, die sich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befanden und 492 Millionen Euro Leistungen für ausschließlich geringfügig Beschäftigte. (Frage 16, Tabelle 16.1 bis 16.4)

 

  • Männer arbeiteten 2014 im Schnitt 33,6 Stunden pro Woche (2004: 34 Stunden), Frauen 21,5 Stunden (2004: 21,7 Stunden). Diese Werte sind in den letzten zehn Jahren annähernd konstant geblieben (Durschnitt Männer: 32,9 Stunden, Durchschnitt Frauen: 20,5 Stunden)

 

  • Von den abhängig Beschäftigten mussten 2014 rund 40 Prozent samstags und 18 Prozent Samstag und Sonntag arbeiten. 2004 lagen diese Werte bei 35 Prozent (Samstagsarbeit) und 13 Prozent (Samstags-/Sonntagsarbeit). (Frage 9)

 

  • Mit mehr als zwei Drittel haben in die Beschäftigten in der Gebäudereinigung in den letzten zwei Jahren überdurchschnittlich oft von gleich bleibendem Stress bzw. Arbeitsdruck berichtet (76,3 Prozent gegenüber 50,7 Prozent in anderen Berufsgruppen). (Frage 31)

 

Weiterführendes zu dem Thema:

Meldung in der Augsburger Allgemeinen

 

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