Rede: Höchste Zeit, TTIP zu begraben
Rede: Höchste Zeit, TTIP zu begraben

Rede: Höchste Zeit, TTIP zu begraben

Die TTIP-Leaks zeigen schwarz auf weiß und für alle nachlesbar, welche Positionen EU und USA in den TTIP-Verhandlungen vertreten. Und diese bestätigen genau die Befürchtungen der TTIP-Kritiker: Es soll einen wahren Kuhhandel geben etwa zwischen Agrarzöllen und Zugang für Kraftfahrzeuge oder Erdgasimporten und der Zustimmungen zu privaten Schiedsgerichten. Lobbyisten sollen bei zukünftigen Regulierungsfragen mitsprechen dürfen und Technokratengremien selbstständig und an den Parlamenten vorbei Anhänge des Vertrages verändern dürfen. Es ist höchste Zeit, TTIP zu begraben.

Die Rede im Wortlaut:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Liebing, was Sie gerade wieder unter Beweis gestellt haben, ist, dass Sie eigentlich gar keine Debatte darüber wollen. Dies fügt sich in diese Situation der Intransparenz ein. Deshalb möchte ich an der Stelle als Erstes für die tolle Aktion danken, die Greenpeace hier gemacht hat.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Großartig! Das war eine großartige Sache. Was Greenpeace gemacht hat, hat zu mehr Transparenz beigetragen als sämtliche Transparenzoffensiven der Europäischen Kommission.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenigstens in der Frage könnten wir uns mal einig sein, meine Damen und Herren. Die Kritikpunkte und Befürchtungen der TTIP-Gegner, also der Empörungsindustrie, wie der Kollege Pfeiffer so gerne sagt, haben sich als zutreffend erwiesen, und zwar nachlesbar in den Texten.

Es freut mich natürlich, dass jetzt auch Teile der Sozialdemokratischen Partei zunehmend von TTIP abrücken. Matthias Miersch sagt – Zitat -:

Unter solchen Bedingungen macht es keinen Sinn, weiter zu verhandeln.

Katarina Barley, die Generalsekretärin der SPD, philosophiert öffentlich über ein Scheitern des Abkommens. Selbst Herr Oppermann – er ist nicht mehr da – hat gesagt:

Die jetzt bekannt gewordenen Forderungen der USA sind nicht akzeptabel.“

(Christine Lambrecht (SPD): Recht hat er!)

Dazu eine kleine Anmerkung – das ist nicht böse gemeint -: So neu dürfte das für den Kollegen Oppermann eigentlich nicht sein. Er hätte auch einmal in den TTIP-Leseraum gehen können. Dann hätte er schon gewusst, was drinsteht.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Ich dachte, es wäre geheim! – Mark Hauptmann (CDU/CSU): Dann ist es ja doch nicht geheim!)

Es ist alles nicht neu, Kolleginnen und Kollegen. Sei es drum!

Ich möchte gern einmal aus dem Lukas-Evangelium zitieren:

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): So weit sind wir schon!)

– Ich habe gewusst, dass da Freude aufkommt. – Darin heißt es – ich möchte das zitieren -:

So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Da hat er recht. Ich freue mich, dass bei euch die Büßer inzwischen mehr werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber nun zu Ihnen, meine Damen und Herren von der Union. Da lese ich vom Kollegen Fuchs – Zitat -:

Gegen Rechtsverstöße von Greenpeace bei der laufenden Aktion muss sich der Rechtsstaat mit allen Mitteln wehren.

(Mark Hauptmann (CDU/CSU): Das ist doch so!)

So kommt er nicht in den Himmel, übrigens der Pfeiffer mit seiner Position auch nicht.

(Mark Hauptmann (CDU/CSU): Schön, dass Sie das nicht entscheiden, Herr Ernst! – Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Das entscheiden Sie auf jeden Fall nicht!)

– Regen Sie sich nur auf!

Zu Ihrer Reaktion „Es sind ja nur Verhandlungspositionen; da ist ja noch nichts entschieden“ möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen: Auf welcher Grundlage wird denn entschieden? Auf Grundlage der vorhandenen Verhandlungspositionen, übrigens auch der der Europäischen Union, die teilweise genauso verworren und schräg sind wie die der anderen. Deshalb sagen wir: Es ist Unfug, wenn Sie hier behaupten: Es ist noch nichts entschieden. – Wir wollen, dass diese Punkte nicht Bestandteil eines Vertrages werden.

(Christine Lambrecht (SPD): Wir auch!)

Weil nichts anderes vorliegt, wollen wir, dass die Verhandlungen gestoppt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wollen die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes weiter hinter die Fichte führen.

Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch einmal die Verhandlungen an. Erstens. Es soll einen Verhandlungsfortschritt bei Kraftfahrzeugen, so die Haltung der USA, nur dann geben, wenn es ein Entgegenkommen bei den Agrarzöllen gibt. Die europäischen Bauern können mit ihren kleineren Höfen kaum gegen die großen Agrarunternehmen in den USA konkurrieren; das hat Toni Hofreiter richtig gesagt. Was passiert, ist, dass die Bauern gegen die Automobilindustrie ausgespielt werden. Andere Möglichkeiten gibt es gar nicht, wenn das die Position ist.

Zweitens. Es geht in diesem Zusammenhang auch um einen Verhandlungsfortschritt bei neuen Telekommunikationsdienstleistungen. Aus den Verträgen geht hervor, dass es nur dann ein Ergebnis geben kann, wenn die Amerikaner Zugriff auf unsere Datenflüsse bekommen. Das ist interessant. Ich dachte, den haben sie schon.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)

Interessant und sehr aufschlussreich ist auch, dass gleichzeitig behauptet wird, Datenschutzfragen seien von TTIP gar nicht berührt. Das war Ihre bisherige Behauptung, entgegen allem, was wirklich Fakt ist.

Im Übrigen: Export von Erdgas aus den USA nach Europa wird es nur bei Zugeständnissen im Bereich der Investitionen geben, also bei den Schiedsgerichten, und zwar in diesem Fall bei den privaten.

Meine Damen und Herren, hören Sie in diesem Zusammenhang endlich mit Ihrer Angstmache auf!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann es nicht mehr hören: Wenn wir es nicht machen, dann bestimmen die anderen die Regeln. Wenn die anderen die Regeln bestimmen, sind wir außen vor. ‑ Meinen Sie ernsthaft, dass die Chinesen bei uns nichts mehr verkaufen wollen, wenn wir kein TTIP haben? Für wie blöd halten Sie eigentlich die Leute? Die merken doch, dass die Chinesen auf unseren Märkten schon vorhanden sind.

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Wollen Sie chinesische Standards oder deutsche?)

Glauben Sie, dass der Amerikaner bei uns nichts mehr verkaufen will, weil es kein TTIP gibt? Oder glauben Sie, dass sie plötzlich keinen Daimler oder keine anderen Autos mehr von uns fahren? So ein Unfug. Wir haben einen riesengroßen Handel; wir sind sogar Weltmeister im Export. Und Sie wollen uns weismachen, ohne diese Handelsabkommen breche die Welt zusammen? Hören Sie auf mit diesem Quatsch! Man kann es nicht mehr hören.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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