Die Welt hat aufgeatmet. Ein notorischer Lügner und Rassist, ein Unterstützer von Rechtsradikalen, dem der Rechtsstaat egal war und der die Spaltung der Gesellschaft zum Programm machte, hat die Wahlen in den USA verloren. Aber wird sich die US-amerikanische Außenpolitik unter seinem Nachfolger Joe Biden grundsätzlich ändern?
Trump wollte US-amerikanische Soldat/innen aus der Bundesrepublik abziehen, Biden stellt diese Entscheidung in Frage. Ist das wirklich ein Fortschritt?
Trump hat in flegelhafter Weise die Verbündeten zu einer Erhöhung ihrer Rüstungsausgaben aufgefordert, Biden macht das freundlicher. Der künftige Präsident will wieder mehr mit seinen Verbündeten sprechen anstatt zu twittern. Ist das wirklich ein Fortschritt?
Besteht das eigentliche Problem nicht darin, dass fast die Hälfte der US-Amerikaner/innen ihre Unterstützung für einen Präsidenten gegeben haben und geben, der das Wahlrecht seines Landes mit Füßen tritt, Kritiker/innen, die sich an rechtsstaatliche Prinzipien hielten, schonungslos abserviert und den US-amerikanischen Staat zu einem Familienunternehmen gemacht hat?
Besteht nicht aus deutscher und europäischer Sicht die Notwendigkeit, das transatlantische Verhältnis zu überdenken, neu zu justieren und zu einer mehr an den eigenen europäischen Interessen orientierten Politik zu kommen?
Sowohl Trump als auch Biden wollen, das die Bundesrepublik zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgibt. Willfährige deutsche Politiker, zum Beispiel der mögliche Kanzlerkandidat Norbert Röttgen, werden nicht müde zu betonen, Deutschland hätte dies zugesagt. Von einem Beschluss des Deutschen Bundestags in dieser Richtung ist mir und allen, mit denen ich mich aus unterschiedlichen Parteien unterhalte, nichts bekannt. Es gibt ihn nicht. Dabei ist es doch der Bundestag und zwar er allein, der den Haushalt dieser Republik beschließt. Niemand außer dem Bundestag ist also befugt, eine Zusage wie die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO zu treffen, weil die den Haushalt der Bundesrepublik Deutschland betrifft.
In der Hoffnung, mit Joe Biden würde alles so werden wie früher, signalisieren insbesondere Union, FDP, Teile der SPD und der Grünen ihre Bereitschaft, jetzt ‚mehr Verantwortung‘ übernehmen zu wollen. Sie meinen damit eine deutliche Erhöhung des Rüstungsetats.
Internationale Verantwortung wird mit Aufrüstung gleichgesetzt: Bei diesem Spiel hat DIE LINKE noch nie mitgespielt. International Verantwortung zu übernehmen hieße vor allem: das Sterben im Mittelmeer zu beenden und weltweit für menschenwürdige Lebensbedingungen zu sorgen. Genug Geld wäre vorhanden, wenn man dieses unsinnige und gefährliche Rüstungsspiel aufgäbe. Würden die USA ihren Rüstungshaushalt von 732 Milliarden US-Dollar halbieren, dann hätten sie mit 366 Milliarden US-Dollar immer noch mehr Geld für Waffen und Kriege ausgegeben als China (261 Milliarden) und Russland (65,1 Milliarden) zusammen. Würden diese 366 Milliarden US-Dollar dafür ausgegeben, um Hunger und Krankheit auf der Welt zu bekämpfen, könnte dies das Leben von Milliarden Menschen verbessern. Ein solches Ziel wäre es dann auch wert, zwei Prozent des Bundeshaushaltes zu investieren. Zu schön, um wahr zu sein, würde die neue US-Regierung sich dazu bekennen.